Tagungsbericht: «Sexualität und Pädagogik – (un)möglich?!»

Am 26. März wurde in Bern im Rahmen einer Fachtagung das Konzept der im Lehrplan 21 vorgesehenen obligatorischen Sexualerziehung an den Schweizer Schulen vorgestellt. Beobachter werten die Ausrichtung und geplante Umsetzung als höchst problematisch.

Die pädagogische Hochschule Zentralschweiz (PHZ) und das BAG haben seit dem Jahr 2006 zwei Verträge abgeschlossen. Diese ermöglichen insbesondere das Betreiben eines «Kompetenzzentrums für Sexualpädagogik» an der PHZ. Im Vertragswerk ist u.a. festgehalten:
«Sexualerziehung wird an Schweizer Schulen auf der Grundlage eines gemeinsam getragenen Verständnisses für Sexualpädagogik flächendeckend implementiert. Das Kompetenzzentrum erarbeitet dazu Grundlagen und arbeitet mit Schlüssel-Institutionen und Schlüssel-Personen in allen Sprachregionen zusammen.»
In diesen Tagen laufen die Verhandlungen für einen dritten Folgevertrag. Ein Leistungsauftrag in diesen Verträgen lautet, dass eine jährliche Nationale Fachtagung organisiert werden muss. Diese hat am 26. März in Bern stattgefunden. Dabei ging es um das «gemeinsam getragene Verständnis für Sexualpädagogik».

«Was machen wir eigentlich, oder was sollten wir tun?»

Bereits die Begrüssung durch Prof. Willi Stadelmann, den ehemaligen Rektor der pädagogischen Hochschule und Präsidenten des Beirats des Kompetenzzentrums für Sexualpädagogik zeigte kritische Punkte auf.
Der Auftrag und das Ziel des Kompetenzzentrums ist laut Stadelmann, alle Kinder und Jugendlichen altersadäquat über Sexualität zu informieren. Das sei nur mit gemeinsam abgestimmten Zielen und einer entsprechenden Hochschulpädagogik zu erreichen. Sexualität dürfe nicht verteufelt werden. Bereits Kinder würden ihre Emotionalität und ihre Werte entwickeln. Es gelte daher, die Kinder zu den Werten zu führen. Dabei wirkten Eltern, Verwandte, Schule und die Kirche mit. Sexualität mache jedoch Angst und werde als «Gefahr» für Kinder betrachtet. Die Thematik sei daher brisant und könne auch auf Widerstand stossen. Ein so heikles Thema müsse immer wieder zu selbstkritischen Fragen führen wie «Was machen wir eigentlich, oder was sollten wir tun?».

Wirkungsmodell Sexualpädagogik

Der Leiter des Kompetenzzentrum, Titus Bürgisser, stellte im folgenden Referat ein «Wirkungsmodell Sexualpädagogik und Schule» vor. Zur Eingangsfrage «Was müssen wir tun, damit Sexualpädagogik an Schweizer Schulen umgesetzt wird?» erklärte er, das Kompetenzzentrum habe «das Erbe» von Amorix antreten können, eine gemeinsame Initiative der AIDS-Hilfe Schweiz und der Stiftung PLANeS.
Bürgisser stellte dazu das «Grundlagenpapier Sexualpädagogik 2008» vor. Es enthalte die Klärung von Begriffen, Rollen und Aufgaben und definiere sieben Kernthemen zur Sexualerziehung. Ausserdem mache es Empfehlungen zur Umsetzung in den Schulen und in den Pädagogischen Hochschulen. Die grosse Frage sei: «Werden die Ziele und Anliegen verstanden?». Danach stellte Bürgisser das Wirkungsmodell vor. Darin sind die Eltern lediglich am Rande zu finden. Hingegen sollen externe Partner wie Familienplanungsstellen und Verbände von Homosexuellen das Recht haben, «Schulbesuche» zu machen.
Die Arbeit stütze sich auf «internationale Dokumente» ab, die zum Beispiel von International Planned Parenthood (IPPF) und der UNESCO erarbeitet wurden. Eine weitere Basis seien die Verfassung und die Gesetze, das Nationale Programm HIV zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten 2011-2017 (NPHS). Bald soll auch das von der PHZ erarbeitete Dokument «Fachkonzeption Sexualpädagogische Lehre 2009-2011» erscheinen.

Problematische Grundsätze

In diesen Dokumenten finden sich die folgenden Grundsätze: Das Schweizer Rechtssystem stützt die Gleichwertigkeit verschiedener sexueller Orientierungen. Schulexterne Organisationen sollen einen institutionalisierten Zutritt zu den Schulen erhalten. Qualitätskriterien für diese externen «Sexualpädagogen» werden von der grössten diesbezüglichen Organisation, der Stiftung PLANeS, selber definiert. Kinder und Jugendliche sollen unter dem Titel von «sexuellen Rechten» nicht nur Wissen über Sexualität erwerben, sondern auch das Recht erhalten, ihrer Sexualität ohne Wissen ihrer Eltern auszuleben. Den Eltern soll unter Berufung auf die Pluralität und die «Rechte der Kinder» das Recht verweigert werden, ihre Kinder vom Schul-Sexualunterricht zu dispensieren. Der Sexualunterricht beginnt im Alter von 4 Jahren im Kindergarten, etc.
An der Tagung wurde erklärt, dass für Rückfragen auf diese Inhalte keine Zeit vorgesehen sei…

Wie können Jugendliche sexuell stimuliert und animiert werden?

An Workshops wurden Themen wie zum Beispiel «Sex soweit die Pixel reichen» präsentiert. Zum Thema «Medienkompetenz» von Kindern und Jugendlichen wurde empfohlen, Pornos mit Jugendlichen «nicht wertend» anzuschauen. Im Workshop «Pubertät, Lust und Frust – Methoden schulischer Sexualerziehung» wurden Methoden und Gruppenspiele vorgeführt. Zum Beispiel könnten die Geschlechtsorgane mit Plastilin geformt werden. Auf die Frage, ob Eltern diesen Unterricht als ihren Kinder nicht zumutbar empfinden könnten, antwortete die Leiterin, das geschehe ganz selten. An ihrer Schule würde der Schulleiter keine Dispensationen erlauben. Die Eltern würden auch selten mit ihr das Gespräch führen, weil sich diese bei diesen Themen oft genierten. Eine Dispensation würde die Schüler ausserdem exponieren, weil dann die andern Mitschüler Informationen bekämen, die sie selbst nicht erhalten hätten. Eltern würden auch darauf hingewiesen, dass dieser Unterricht im Lehrplan vorgeschrieben sei.

Ein Fazit

Zurück blieb der Eindruck, dass die vorgesehene Sexualpädagogik stark ideologielastig ist. Themen und Inhalte aus Gender-Mainstreaming, Homosexualität, Bisexualität und Transgender haben einen dominierenden Einfluss. Das Konzept geht ausserdem wie selbstverständlch davon aus, dass Jugendliche sexuell aktiv sind. Der sexualpädagogische und präventive Ansatz liegt einzig darin, die Risiken zu minimieren. Die Risiken und Verantwortungen einer frühen sexuellen Aktivität werden kaum aufgezeigt. Die Rolle der Eltern wird unter dem Vorwand, die meisten Eltern würden diese Aufgabe sowieso nicht gerne übernehmen, minimiert. Erst bei «Schwierigkeiten» dürfen die Eltern dann wieder Verantwortung übernehmen.
Diese Schulsexualerziehung soll zusammen mit dem Lehrplans 21 ab 4 Jahren flächendeckend und ohne Dispensationsrecht der Eltern etabliert werden. Dabei wird unter Berufung auf internationale Deklarationen von NGOs wie z.B. die International Planned Parenthood Federation (IPPF) das geltende Recht uminterpretiert oder ausgehebelt. Plattformen für die weitere Implementierung dieser Strategie ist das Nationale HIV- STI-Programm 2011-2017, das Präventionsmedizingesetz, das Epidemiegesetz und die vereinheitlichten Lehrpläne im Lehrplan 21-Projekt. Nichts gegen eine wertebasierte Schulsexualerziehung, welche das Ersterziehungsrecht der Eltern wirklich respektiert. Nun aber stellt sich die dringliche Frage: «Was machen wir eigentlich, oder was sollten wir tun?»


Quelle/Links:
Tagungsberichte von Mitgliedern und Sympathisanten von HLI sowie Agentur SSFDie Referate und Graphiken sowie Powerpoint-Präsentationen sollten demnächst erhältlich sein auf der Seite des
Kompetenzzentrums Sexualpädagogik der pädagogischen Hochschule Luzern.

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