Auch in Zürich sponsert die Katholische Landeskirche fragwürdige Beratungsstellen

Unlängst hat der Antrag des Generalvikars der Diözese Chur, wonach die Schwangerenberatungsstelle adebar keine Unterstützung durch die Katholische Landeskirche Graubündens erhalten solle, eine Kontroverse ausgelöst. HLI-Schweiz unterstützt das Bestreben der Verantwortlichen des Bistums Chur, dass katholische Körperschaften jene Organisationen unterstützen sollten, die schwangere Frauen im katholischen Sinne beraten und konkrete Hilfe anbieten, damit sie ihr Kind behalten können.
 Recherchen haben ergeben, dass nicht nur die Landeskirche des Kantons Graubünden, sondern auch jene des Kantons Zürich fragwürdige Beratungsstellen unterstützt. Besonders negativ fällt die Organisation appella auf. HLI-Schweiz ruft den Synodalrat auf, künftig Organisationen wie Die Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind und Ja zum Leben zu unterstützen, weil sie bei ihrer Beratung mit der katholischen Ethik übereinstimmen.

Beratungsstelle Appella

Ein flüchtiger Blick auf die Webseite appella.ch genügt nicht. Sie informiert in vielen Punkten korrekt und zeigt auch die Problematik der pränatalen Diagnostik und der Abtreibung auf. Unter dem Titel „Ungewollte Schwangerschaft“ werden allerdings nur Abtreibungsmethoden angeführt. Dabei sind die Angaben unvollständig und ungenau, was speziell auch die Information zur „Pille danach“ betrifft. Hinweise auf die Möglichkeit zur Adoption oder konkrete Hilfen, die es erlauben, das Kind auszutragen und selber aufzuziehen, fehlen auf dieser Webseite völlig. Konsequenterweise steht unter Links die Webseite der Schweizerischen Vereinigung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch an erster Stelle. Gemäss Strafgesetztbuch Art. 120 Abs. 1 Bst b ist der Arzt oder die Ärztin verpflichtet, auf die Möglichkeit, geborene Kinder zur Adoption freizugeben und auf Vereine und Stellen, welche moralische und materielle Hilfe anbieten, hinzuweisen. Das fehlt auf der Webseite von appelle.ch völlig. Man darf nicht vergessen, dass eine schwangere Frau in einer Konfliktsituation sich zuerst im Internet informieren wird, bevor sie einen Arzt oder eine Ärztin für eine allfällige Abtreibung aufsucht. Keinen Zweifel an der mangelhaften ethischen Einstellung von appella lässt auch eine Aussage einer früheren Beraterin in einem Vortrag, der unter der Webseite zugänglich ist: «appella unterscheidet ganz klar zwischen dem Abbruch einer unerwünschten Schwangerschaft und dem Abbruch aufgrund eines pränatalen Untersuchungsergebnisses. Wir sind sehr glücklich darüber, dass der Schwangerschaftsabbruch seit 2002 legalisiert ist und eine Frau selbst entscheiden darf, ob sie eine Schwangerschaft austragen will oder kann oder nicht. Leicht macht sich diesen Entscheid niemand. Der Abbruch aufgrund eines pränatalen Untersuchungsergebnisses jedoch ist dazu im Gegenteil der Abbruch einer meist erwünschten Schwangerschaft, bei dem das erwartete Kind gewissen Kriterien nicht entspricht. Das scheint uns ein fundamentaler ethischer Unterschied, der uns ganz klar von Organisationen wie „Hilfe für Mutter und Kind“ und „Ja zum Leben“ abgrenzt.»
Der Synodalrat der Katholischen Kirche im Kanton Zürich hat an der Sitzung vom 5. Juli 2010 beschlossen, appella bei der Duchführung der Kampagne „Guter Hoffnung! Aber was ist, wenn etwas nicht stimmt…?“ in den Studiokinos der Stadt Zürich mit einem finanziellen Beitrag zu unterstützen. Als allfälliger Sponsorenvermerk soll der Hinweis „Katholische Kirche im Kanton Zürich“ verwendet werden. Auch im Jahr 2011 erhält appella für die nächste Kampagne „Unabhängige und umfassende Information und Beratung hilft Entscheide fällen.“ einen finanziellen Beitrag. Wie lückenhaft Information und Beratung sind, zeigt die Webseite. Es ist absolut inakzeptabel, dass die Katholische Kirche im Kanton Zürich eine derartige Desinformationskampagne unterstützt.

Das Problem der staatlich geförderten Schwangeren-Beratung

Die Regelung der Abtreibung in den ersten zwölf Wochen wurde aufgrund eines überzogenen Verständnisses des Selbstbestimmungsrechtes eingeführt. Tatsächlich bedeutet ein Entscheid der Frau, das eigene Kind abzutreiben, eine in Anspruchnahme eines nicht existierenden Fremdbestimmungsrechtes. Sie bestimmt ja nicht über das eigene Leben, sondern über ihr Kind. Falls es im Rahmen der pränatalen Diagnostik zu einem Befund kommt, ist gemäss Art. 15 Abs 3 des Bundesgesetzes über die genetische Untersuchung beim Menschen, der Schwangerschaftsabbruch zweifellos ein Thema, auch wenn ausdrücklich steht, dass über die Alternativen informiert werden muss. Kommt es in einem solchen Fall zu einem Schwangerschaftsabbruch, kann dieser laut Strafgesetzbuch bis kurz vor der Geburt durchgeführt werden. Eine Begleitung hin zu einem solchen Schwangerschaftsabbruch ist aus katholischer Sicht undenkbar. Vielmehr muss vor den Gefahren des Eingriffs und den psychischen Folgen gewarnt werden. Die gesetzliche Informationspflicht über das Selbstbestimmungsrecht der Frau (Art. 18) ist nicht zu vereinbaren mit dem katholischen Standpunkt, wonach niemand über das Leben eines unschuldigen Menschen verfügen kann. Eine Beratungsstelle, welche die Unterstützung durch Steuerzahler der Katholischen Landeskirche verdient, muss einen hohen ethischen Standard erfüllen, der bei adebar und appella nicht gegeben ist.

HLI-Schweiz fordert den Synodalrat auf, künftig Organisationen wie Die Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind und Ja zum Leben zu unterstützen, weil sie bei ihrer Beratung mit der katholischen Ethik übereinstimmen.

Quellen / Links

Communiqué Bistum Chur: Landeskirche finanziert Abtreibungsbegleitung- Stellungnahme zur Medienberichterstaatung

appella  Vortrag von Monnika Rothacher, frühere Beraterin

„Schwangerschaft, Schwangerschaftsabbruch und Adoption“ Leitfaden Beratunsstellen im Kanton Zürich, Feb. 2006

Synodalrat, Protokoll vom 5. Juli 2010, S. 314.

Synodalrat, Protokoll vom 20. Juni 2011, S. 273.

Strafgesetzbuch Art. 120

Bundesgesetz über die genetische Untersuchung des Menschen

Art. 10 Genetische Untersuchungen bei Personen

Art. 15 Genetische Beratung bei pränatalen genetischen Untersuchungen

Art. 17 Informations- und Beratungsstellen für pränatale Untersuchungen

Art. 18 Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Person

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