Antibabypille: Erhöhte Gefahr für Suizide und Depressionen

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Die teils fatalen Nebenwirkungen der Antibabypille, kurz „Pille“ genannt, sind in den letzten Jahren zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Besonderes Aufsehen erregte der „Fall Céline P.“. Die damals 16-jährige Céline nahm im Jahre 2008 die vom Pharmakonzern Bayer entwickelte Antibybapille „Yasmin“ ein. Kurz darauf erlitt sie eine schwere Lungenembolie mit Herzstillstand. Diese führte zu einem Sauerstoffmangel, der eine schwere Hirnschädigung zur Folge hatte. Seither ist die junge Frau spastisch gelähmt und invalid.

Nun ist unlängst eine neue Studie aus Dänemark publik geworden (1). Dort haben Gynäkologen der Universitätsklinik Kopenhagen im Jahr 2017 die Daten von 500’000 jungen Frauen ausgewertet. Sie stellten fest, dass bei jenen Frauen, die mit der Antibabypille verhüteten, die Gefahr eines Suizidversuchs beinahe doppelt so gross war gegenüber jenen, die nicht hormonell verhüteten. Auch die Gefahr von Depressionen war, wie bereits eine frühere Studie belegte, deutlich höher (2). Die europäische Arzneimittel-Agentur EMA verlangt deshalb eine Erweiterung der Liste der Nebenwirkungen. Neu steht in der Packungsbeilage, dass die Einnahme der Pille zu Depressionen und in der Folge auch zu einem erhöhten Suizidrisiko führen kann. Die schweizerische Zulassungsbehörde Swissmedic wird diese Vorgaben höchstwahrscheinlich übernehmen.

Zurück zum „Fall Céline“. Der Verkauf der Antibabypille ist – dies darf bei der Debatte um Pro und Contra „Pille“ nicht ausser acht gelassen werden – weltweit gesehen ein Milliardengeschäft. Mit welch rücksichtslosen Methoden um diesen lukrativen Markt gekämpft wird, zeigt exemplarisch dieser Fall. Statt sich zur fälligen Schadensersatzzahlung durchzuringen, ging der Pharmakonzern Bayer dreist zum Gegenangriff über: er reichte gegen das Spital Schaffhausen, in welches Céline P. nach dem Ausbruch der Lungenembolie eingeliefert worden war, Staatshaftungsklage wegen Fehlbehandlung ein. Markus Müller, Staatsrechtsprofessor an der Universität Bern, bezeichnete dieses Vorgehen zutreffend als „Manöver, um vom eigenen Verhalten abzulenken.“ In den USA hingegen, wo viel schärfere Produktehaftpflicht-Regeln herrschen, bequemte sich Bayer zur Vermeidung von für ihn negativen Gerichtsurteilen umgehend zur Zahlung von über einer Milliarde Dollar an mehrere Tausend Frauen – zu lukrativ ist der nordamerikanische Markt für die „Pille“.

 

1) Skovlund, Charlotte Wessel; Mørch, Lina Steinrud; Kessing, Lars Vedel; Lange, Theis; Lidegaard, Øjvind (2017): Association of Hormonal Contraception With Suicide Attempts and Suicides. In: AJP 175 (4), S. 336–342. DOI: 10.1176/appi.ajp.2017.17060616.

2) Skovlund C; Mørch L; Kessing L; Lidegaard Ø (2016): Association of hormonal contraception with depression. In: JAMA Psychiatry 73 (11), S. 1154–1162. DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2016.2387.

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