Bundesgerichtsentscheid: Pille danach ist kein Hustenbonbon!

Die Zulassunginhaberin für die «Pille danach» (Perrigo Schweiz AG) kämpft seit 2019 durch alle Gerichtsinstanzen für die «Umteilung» seiner beiden Produkte Ellaone® und Norlevo® in die aktuelle Medikamenten-Verkaufskategorie «E». Das wurde durch diverse politische Vorstösse aus linksfeministischen Kreisen in der Schweiz unterstützt. Eine Umteilung würde bedeuten, dass die «Pille danach» auch in einer Drogerie nach einem kurzen Verkaufsgespräch erhältlich wäre, genauso wie ein einfaches Schmerzmedikament oder ein Hustenbonbon. Der Drang nach hohen Verkaufszahlen scheint also wichtiger zu sein, als die Sicherheit für die Anwenderin, also letztlich die Frauengesundheit!

Vorauserklärung: Die Pille danach wird von vielen Personen mit der Abtreibungspille verwechselt. Das ist fachlich nicht korrekt. Die beiden hauptsächlich in der Schweiz verwendeten Produkte können bis zu 72h bzw. 120h nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Sie haben verschiedene Wirkungsmechanismen. Sie verhindert den Eisprung, falls dieser noch nicht stattgefunden hat und verändert die Gebärmutterschleimhaut, sodass ein bereits befruchtetes Ei, d.h. ein Embryo, auf seinem mehrtägigen Transport durch den Eileiter in die Gebärmutter nicht mehr einnistungsfähig ist und damit abstirbt. Diese tötende Wirkung ist durch diverse Fachveröffentlichungen nachgewiesen. Sie wird von den Herstellern allerdings heruntergespielt. Wie Untersuchungen gezeigt haben, gibt es kein Zeitfenster für die risikolose Verabreichung der «Pille danach». HLI-Schweiz lehnt daher die Abgabe der «Pille danach» als ethisch verwerflich ab.

Als Nebenwirkung muss häufig mit einer Zyklusverschiebung gerechnet werden. Weiter können in den Tagen nach der Einnahme der «Pille danach» Übelkeit, Kopfschmerzen, Brustspannen, Schwindelgefühle, leichte Bauchschmerzen und Schmierblutungen auftreten.

Diverse internationale Pro-Abtreibungsorganisationen fordern seit langem eine möglichst einfache Zugänglichkeit von postkoitalen Verhütungsmitteln über den Ladentisch, was bereits in einigen europäischen Ländern wie Schweden, Holland und Norwegen umgesetzt wurde. Das Bundesgericht schreibt in seiner Medienmitteilung zum Entscheid vom 13. November 2024: «Mit der Revision des Heilmittelrechts im Jahr 2019 wurde die Abgabekategorie (C) aufgehoben, in der die beiden in der Schweiz als ‹Pille danach› zugelassenen Präparate seit 2002 bzw. 2016 eingeteilt waren. Gemäss dieser Einteilung waren die Präparate zwar nicht verschreibungspflichtig, durften aber nur in Apotheken nach vorgängigem Fachgespräch durch eine Apothekerin oder einen Apotheker abgegeben werden. Dies war gleichzeitig Voraussetzung für deren Zulassung auf dem Schweizer Markt. Aufgrund der Revision des Heilmittelrechts teilte die Swissmedic die Präparate in die Kategorie der verschreibungspflichtigen Arzneimittel (B) ein, die jedoch weiterhin ohne Rezept nach einem Fachgespräch in der Apotheke abgegeben werden dürfen.» Dagegen rekurrierte die Zulassungsinhaberin durch alle Instanzen bis zuletzt nun vor Bundesgericht, erfolglos. In einem politischen Vorstoss monierte die feminstisch linksradikale Tamara Funiciello u.a. (23.4107 Interpellation, 27.09.2023, Zugang zur Notfallverhütung):

Warum wurde die Heilmittelgesetzrevision 2019 nicht dazu genutzt, um den Zugang zur Notfallverhütung für Frauen zu vereinfachen? Was steckt hinter der nicht nachvollziehbaren Verschärfung der Regulierung, die auch ein Werbeverbot zur Folge hat?

Werden Frauen von Swissmedic und anderen Behörden systematisch diskriminiert, indem sie nicht als fähig oder vertrauensvoll angesehen werden, eigene Entscheidungen über Medikamente zu treffen und so der Fragebogen, die Pflicht zur Produkteinnahme vor Ort im Beisein der Apothekerin/des Apothekers oder das neue Werbeverbot legitimiert?»

Kurz zusammengefasst: Die feministische Vorkämpferin macht sich zur kritiklosen Verbündeten der Pharmalobby. Das Bundesgericht will offensichtlich die ‹Pille danach› nicht mit einem Hustenbonbon gleichsetzen, sondern  beurteilt die Risiken für die Frauengesundheit höher als ein «vereinfachter Zugang». Es stellt fest: «Das Fachgespräch mit einer Medizinalperson (Arzt/Ärztin, Apotheker/Apothekerin) ist zum Schutz der Anwenderin weiterhin notwendig. Ziel des Gesprächs ist es einerseits abzuklären, ob und welches Präparat für die jeweilige Anwenderin geeignet ist, da dies bei Vorerkrankungen, Prädispositionen und Medikamenteneinnahmen wegen bekannter Arzneimittelinteraktionen und Kontraindikationen nicht immer der Fall ist. (…) . Der Zweck des Fachgesprächs, Risiken und Eignung für die einzelne Anwenderin individuell und sachkundig abzuklären und sie über Arzneimittelinteraktionen und unerwünschte Wirkungen aufzuklären, lässt sich nur durch ein Gespräch mit einer Apothekerin oder einem Apotheker erreichen. Diese verfügen aufgrund des Pharmaziestudiums über das notwendige Arzneimittelfachwissen, das den Drogistinnen und Drogisten fehlt.» Frauengesundheit wiegt für das Bundesgericht in seinem wohlbegründeten Entscheid offensichtlich schwerer als die feministisch-ideologisch motivierte Verantwortungslosigkeit und Leichtfertigkeit. Nichtsdestotrotz tritt nun die Grünliberale Politikerin Corina Gredig mit praktisch der gleichen Forderung aber in Form einer Motion (24.4238 Motion: “Zugang zu Notfallverhütungsmitteln vereinfachen”) nochmals auf den Plan. Leider nimmt der Bundesrat in seiner Antwort keinerlei Bezug auf den Bundesgerichtsentscheid. Die missionarisch-fundamentalistische Methode der Grünliberalen Politikerin ohne Rücksicht auf die zur Frage gelieferte, höchst plausible Antwort durch  Bundesrat und Bundesgericht hat aber System: “Steter Tropfen höhlt den Stein”. Ungefähr so denkt wahrscheinlich die besagte Corina Gredig, auch sie ohne Rücksicht auf Frauengesundheit und die dazu nötige Fachkompetenz des Apothekers, der Apothekerin.

Ansicht der Packung der am häufigsten verwendeten Pille danach
Bildquelle: HRA Pharma, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons

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