Initiative „Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe“: Das Volk soll das letzte Wort haben

Am 28. Februar 2016 hatte das Schweizer Stimmvolk die Initiative „Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe“ mit gerade Mal 50,8% abgelehnt. Dieser hauchdünne Neinstimmenanteil (bei 18 zustimmenden Kantonen) erfolgte auf der Basis massiv irreführender Zahlen des Bundesrates. Das Bundesgericht hat deshalb diese Volksabstimmung für ungültig erklärt. Gegen den absehbaren Rückzug dieser Initiative wird Human Life International (HLI) den Rechtsweg beschreiten.

Rund 450’000 Zweitverdiener-Ehepaare und 250’000 Rentner-Ehepaare sind von der Heiratsstrafe betroffen – und nicht lediglich 80’000, wie der Bundesrat in seinem Abstimmungsbüchlein zur Initiative „Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe“ behauptet hatte. Angesichts einer solchen Vorspiegelung krass irreführender Zahlen annullierte das Bundesgericht mit Entscheid vom 10. April 2019 diese Volksabstimmung. Eine Wiederholung dieser Abstimmung – nun auf der Basis vom Bundesrat nachgelieferter, korrekter Zahlen, ist die ebenso naheliegende wie logische Konsequenz dieses höchstrichterlichen Urteils. Stattdessen hat nun die Parteispitze der CVP beschlossen, dem Initiativkomitee den Rückzug der Initiative zu beantragen. Angesichts der personellen Verflechtungen der beiden Gremien dürfte dies nur noch eine Formsache sein.

Der Entscheid der CVP ist umso unverständlicher, als der Rückzug ohne jegliche Gegenleistung erfolgt. Der Bundesrat wollte zwar in seiner Zusatzbotschaft vom August 2019 die Heiratsstrafe durch eine sog. Schattenrechnung beseitigen (Basis der effektiven Steuerbelastung für Ehepaare wäre die Besteuerung der Konkubinatspaare gewesen), wurde aber vom Parlament desavouiert. Vor allem SP und FDP (als Dank, dass die CVP kurz vorher FDP-Wackelkandidat Cassis zur Wiederwahl in den Bundesrat verholfen hatte) liessen die CVP „eiskalt auflaufen“ (NZZ-online vom 6. Jan. 2020). Hintergrund dieser machiavellistischen Machtpolitik übelster Sorte: Die CVP-Volksinitiative enthält einen Passus, demzufolge die Ehe eine auf „Dauer angelegte und gesetzlich geregelte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau“ darstellt. Und im Saft dieses vermeintlich überholten Eheverständnisses soll die CVP nach dem Drehbuch ihrer politischen Antipoden gefälligst weiter schmoren. Doch statt zu ihren traditionellen Werten zu stehen, wedelt sie dem Zeitgeist hinterher, entledigt sich ihrer eigenen Initiative gleichsam wie weiland eines unehelichen Kindes, und setzt damit ihre Glaubwürdigkeit mutwillig aufs Spiel.

Es geht HLI aber nicht um Parteipolitik. Zur Debatte steht vielmehr das in Art. 34 der Bundesverfassung verankerte Grundrecht auf die „freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe.“ Dieses setzt die Kenntnis der für einen freien Entscheid unabdingbaren Fakten voraus. Ein von HLI in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zum Schluss, dass durch die Aufhebung einer eidgenössischen Volksabstimmung den in ihren politischen Grundrechten verletzten Stimmberechtigten, die bei de Volksabstimmung ihren Willen nicht frei bilden und ihre Stimme nicht unverfälscht abgeben konnten, ein unbedingter Anspruch auf Wiederholung der aufgehobenen Abstimmung unter rechtskonformen Voraussetzungen zukommt – eine Rückzug nach erfolgter Volksabstimmung demzufolge nicht mehr möglich ist. Schliesslich gebietet es auch insbesondere der Respekt vor all jenen, welche das Zustandekommen dieser Volksinitiative mit ermöglicht haben, dass ein unter Vorspieglung irreführender Zahlen erfolgter Entscheid dem Volk in Kenntnis des tatsächlichen Sachverhalts nochmals vorgelegt wird. HLI wird deshalb den Rückzug der Volksinitiative gerichtlich anfechten.

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